Nach knapp zwei Wochen heißt es jetzt endgültig Abschied nehmen von Kanada. Von hier aus geht es in zwei großen Etappen Richtung Süden, morgen Abend wollen wir schon im Yellowstone National Park in Wyoming sein.
Nationalpark Nummer 4 auf unserer Tour sollte ja eigentlich der Glacier NP in Montana sein, wegen eines frühen Wintereinbruchs haben wir uns aber vor ein paar Tagen umentschieden und mit der Flint Rock Ranch in Pincher Creek ein mehr als angemessenes Ausweichziel ausfindig gemacht.
Hinter Calgary wartet dann die echte Prärie. Nur noch die Prärie. Vor uns und links von uns reicht die mit gelbem Gras bewachsene Ebene bis zum Horizont, rechts von uns kann man zumindest noch die Foothills der Rocky Mountains erahnen. Zum ersten Mal auf dieser Reise habe ich wieder das Gefühl der endlosen Weite, dass ich bisher nur aus dem Südwesten der USA kannte.
Nach drei Tagen in Canmore und insgesamt einer Woche in den Rocky Mountains steht heute mal wieder ein Ortswechsel an, wenn auch keine große Strecke: Wie vorgestern beschlossen legen wir heute einen Stopp in der Prärie-Metropole Calgary ein. Die Annehmlichkeiten einer Großstadt sind wieder einmal eine ganz nette Abwechslung.
Die Woche in Jasper und Banff ist schon wieder fast vorbei und für den letzten Tag in den Bergen haben wir uns noch eine der besten Wandertouren überhaupt aufgehoben: Von Lake Louise aus geht es zur Plain of Six Glaciers, von wo aus man neben dem Bergpanorama der Rockies gleich sechs Gletscher im Blick hat.
Am Wetter hat sich über Nacht wenig geändert. Spontan wird deshalb heute ein chilliger Tag ohne großes Programm eingeschoben. Abgesehen von einem Abstecher ins nahegelegene Banff gibt es vorerst keine Pläne.
Die Sache mit dem Zelten wäre richtig ungemütlich geworden. In Golden erwartet uns zur Frühstückszeit das Wetter, das typisch für den pazifischen Nordwesten ist und das wir bisher nur in Schottland erleben durften: Eine allumfassende, durchdringend kalte Nässe, bei der man sich wundert, wie in diesem trostlos grauen Wolkenhimmel jemals die Sonne zu sehen sein konnte.
Auf den 230 Kilometern Fahrt entlang des Icefields Parkway von Jasper nach Lake Louise kann man vor Staunen den Mund auch gleich offen stehen lassen: Karge Berggipfel, der türkisblaue Athabasca River, Nadelwald und immer wieder Hirsche und Dickhornschafe entlang der Straße machen diese Etappe zum Höhepunkt jeder Tour durch die kanadischen Rocky Mountains.
Heute steht eine der Etappen auf dem Programm, auf die ich mich im Vorfeld am meisten gefreut habe: Über den Icefields Parkway Richtung Banff National Park. Dieses 230 Kilometer lange Teilstück des Highway 93 gilt als eine der schönsten Strecken der Welt und führt zwischen Jasper und Lake Louise durch spektakuläre Natur, vorbei an Gipfeln und – wenig überraschend – jeder Menge Gletschern.
Zum ersten Mal seit Reisestart fühle ich mich nach der ersten Nacht im Jasper National Park komplett ausgeschlafen und wach. Keine Ahnung, ob es an der sportlichen Betätigung vom Vortag, an den traumhaften Betten in der Overlander Lodge oder der komplett einsamen Lage im Tal des Athabasca liegt, man kann einen Tag kaum besser starten als mit diesem Blick von der Terrasse: