Gletscher gucken am Icefields Parkway

Gletscher gucken am Icefields Parkway

Dieser Post ist Teil der Serie Rocky Mountains: Jasper und Banff & Yoho National Parks
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Heute steht eine der Etappen auf dem Programm, auf die ich mich im Vorfeld am meisten gefreut habe: Über den Icefields Parkway Richtung Banff National Park. Dieses 230 Kilometer lange Teilstück des Highway 93 gilt als eine der schönsten Strecken der Welt und führt zwischen Jasper und Lake Louise durch spektakuläre Natur, vorbei an Gipfeln und – wenig überraschend – jeder Menge Gletschern. Höhepunkt der Strecke ist das Columbia Icefield auf halber Strecke, eine der größten Eismassen südlich des Polarkreises.

Planänderung

Entlang des Icefields Parkway gibt es keine einzige Siedlung.  Einzige Unterkünfte sind einige rudimentäre Hostels, und jede Menge Campingplätze mitten in der Natur. Optimales Ziel für heute wäre einer der Plätze im südlichen Teil des Parkway, zum Beispiel an den Waterfowl Lakes. Sanitäre Einrichtungen gibt es hier keine, aber wo kann man schon hundert Kilometer abseits der nächsten Siedlung unter den Sternen campieren?

Das Problem: Beide Reisegenossen fühlen sich ausgerechnet heute nicht wirklich gut. Ich suche also parallel zum Frühstück nach Alternativunterkünften mit etwas mehr an zivilisatorischen Annehmlichkeiten. Am Ende werfen wir die Pläne für die nächsten Tage komplett über den Haufen und buchen ein Zimmer in Golden am Rand des Yoho National Park. Den wollten wir eigentlich nur als Tagesausflug von Banff aus ansteuern. Abgesehen vom überteuerten Lake Louise ist Golden aber die nächstgelegene Stadt mit Unterkünften. Mein Trost für die entgangene Nacht im Zelt: Im Days Inn in Golden gibt es wenigstens einen Pool 🙂

Jasper Icefields Parkway
Schon kurz nach Jasper taucht der Icefields Parkway in die umwerfende Natur ein

Bevor wir nach Süden aufbrechen geht es noch nach Jasper zum Einkaufen. Bei Robinsons an der Hauptstraße gibt es eine Riesenauswahl an Brot und Brötchen in perfekter Qualität, eine willkommene Abwechslung zum ewigen Weißbrot.

Athabasca Falls und Icefields Parkway bis zum Columbia Icefield

Das erste Stück des Icefield Parkway bis zu den Athabasca Falls kennen wir schon von unserer Raftingtour vorgestern. Wir stoppen heute aber noch einmal in Ruhe an den faszinierenden Wasserfällen. Beeindruckend ist weniger die Höhe des Wasserfalls (23 Meter), sondern wie ein ruhig dahinfließender, türkisblauer Strom sich plötzlich in Gischt und Rauschen auflöst, in einer engen Schlucht verschwindet und ein Stückchen weiter wieder in aller Ruhe weiter seinen Weg fließt, als wäre nichts gewesen.

Jasper Icefields Parkway
Nach dem Sturz über den Wasserfall setzt der Athabasca in aller Ruhe seinen Weg fort

Von hier aus geht es im Stop-and-Go-Modus weiter, wir fahren ohne Hektik von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt. Man könnte meinen, dass nach vier Tagen in den Rocky Mountains langsam die Aufnahmefähigkeit für die Schönheiten der Natur nachlässt, aber entlang des Parkway warten hinter jeder Kurve neue Ausblicke. Besonders beeindruckend finde ich die endlosen und völlig unberührten Wälder im Tal des Athabasca River. Von der Straße aus sehen sie wie sanfte Wellen auf einem grünen Ozean aus.

Das Tal des Athabasca River wird nach Süden hin zunehmend schmaler. Der Fluss löst sich hier in ein Gewirr kleiner Bachläufe in einer weiten Ebene auf, die nur mit einzelnen kleinen Fichten bewachsen ist. Die bisher kahlen Gipfel sind hier deutlich höher und immer stärker vergletschert. Etwas später kommt endlich die Hauptattraktion in Sicht: Wir werfen den ersten Blick auf das Columbia Icefield. Am Oberen Rand einer Felswand ist eine meterdicke Eiskante zu sehen, die scharf abbricht und die riesige Eisfläche dahinter nur erahnen lässt. Auf dem letzten Stück bis zum Sunwapta Pass kommen wir aber an mehreren Gletschern vorbei, die aus dem Eisfeld herausfließen.

Ab aufs Eis

Auf der Passhöhe wartet dann der Athabasca Glacier auf uns, der einzige Gletscher des Parks, der für Normalsterbliche wie uns erreichbar ist. Man hat zwar auch die Möglichkeit, auf eigene Faust ein kleines Stück am unteren Ende des Gletschers zu erreichen, wir entscheiden uns aber spontan doch für die Tour mit dem Ice Explorer.

Jasper Columbia Icefield
Wo jetzt Geröll ist war vor 80 Jahren noch Eis. Der Athabasca Glacier ist aber immer noch beeindruckend. Wer genau hinschaut erkennt den Ice Explorer, der sich nach oben arbeitet

Das Glacier Discovery Center am Fuß des Gletschers ist von Touristen komplett überlaufen. Wir organisieren uns Karten für die nächste Tour um 14:30 Uhr. Ich schlucke kurz wegen des stolzen Preises von 85 $ (für das Paket aus Gletschertour Glacier Skywalk). Die Zwischenzeit verbringen wir in der wirklich sehenswerten Ausstellung zur Entdeckung des Columbia Icefield und der Entwicklung der Gletscher, die im Gegensatz zum Souvenirshop ein Stockwerk höher fast komplett menschenleer ist 🙂

Per Bus geht es zuerst bis an den Rand der Gletscherzunge. Dort steigen wir in den Ice Explorer um. Das Ungetüm, dessen Reifen schon gut 1,5 Meter im Durchmesser messen, soll uns auf das Eis des Athabasca Glacier bringen. Wir überqueren die Seitenmoräne des Gletschers, fahren eine 45%-ige Steigung nach unten und sind auf der Oberfläche des Gletschers. Unter der weißen Oberfläche klaffen immer wieder riesige Spalten im tiefblau leuchtenden Eis.

Die Gletscherzunge endet heute fast zwei Kilometer von der Straße entfernt, vor 100 Jahren reichte er noch bis hinunter ins Tal. Man kann sich also ausrechnen, dass in weiteren 50 Jahren nicht mehr allzu viel von diesem Naturwunder übrig sein wird. Auf den umliegenden Gipfeln schimmern weitere kleine Gletscher, die in unseren münden. Weiter oben am Abhang kann man erahnen, wo der Athabasca Glacier in das riesige, 325 Quadratkilometer große Eisfeld übergeht, aus dem insgesamt 8 große Gletscher herausfließen, deren Wasser in drei Ozeanen endet.

Jasper Columbia Icefield
Die Red Chairs stehen an besonders inspirierenden Orten in kanadischen Nationalparks – auch auf dem Athabasca Glacier #ShareTheChair

Auf halber Höhe können wir den Ice Explorer verlassen und uns in einem abgegrenzten Gebiet frei bewegen. Hier ist das Eis soweit erkundet, dass Gletscherspalten und große Löcher im Eis ausgeschlossen werden können. Natürlich müssen wieder ein paar ganz kluge Touristen alle Warnungen ignorieren um weiter oben auf dem Eis das perfekte Selfie zu schießen. Auch innerhalb des abgesteckten Bereichs gibt es immer wieder kleine Eislöcher, die deutlich tiefer sind als sie aussehen. Nicht Wenige holen sich hier nasse Füße bis zum Knie 🙂

Wir treffen auf dem Eis noch eine ehemalige Leipzigerin. Letztes Jahr waren es noch die Dresdner, die gefühlt überall waren. Ich fülle mir eine Flasche mit frischem Gletscherwasser und nach einer halben Stunde geht es im Ice Explorer zurück nach unten. Fazit: Ja, es ist teuer. Und überlaufen. Ich fand die Tour auf den Gletscher trotzdem lohnend, alleine weil man nicht weiß, wie lange wir dank des Klimawandels noch in den Genuss dieses Naturwunders kommen können. Für mich ist der Ausflug auf das Eis einer der prägenden Momente der Reise.

Glacier Skywalk

Die Herrschaften von Brewster Travel wissen schon, wie man Attraktionen vermarktet, die eigentlich niemand braucht: Den Eintritt zum Glacier Skywalk kann man einzeln buchen, die Tour auf den Athabasca Glacier gibt es natürlich nur im Kombipaket. Verschenkt wird nichts, also steigen auch wir in den Bus und lassen uns hinfahren.

Der Skywalk ist ein gläserner Steg, der über die Schlucht des Athabasca River hinausragt und zugegebenermaßen ziemlich unvergessliche Ausblicke auf die Gletscher des Columbia Icefield und den Fluss tief unten bietet. Aber: Warum brauche ich dazu einen teuren Steg? Ein simpler Aussichtspunkt am Straßenrand hätte es auch getan. Außerdem bin ich mittelmäßig genervt, auf dem Steg über diverse fernöstliche Touristen klettern und steigen zu müssen, die auf dem Glasboden liegend versuchen, das perfekte Selfie zu schießen. Warum?? :/ Dabei bleibt die Ausstellung zur Tierwelt auf der Strecke, die eigentlich ganz vielversprechend aussah. Mir wird hier aber eindeutig zu viel fotografiert und gerempelt.

Deshalb an dieser Stelle nur das Minimalprogramm. Wir laufen den Skywalk im Laufschritt ab, schießen die obligatorischen Fotos und steigen gleich in den nächsten Bus zurück zum Glacier Discovery Center.

Weiter nach Golden

Wir brechen um kurz nach 16:30 Uhr vom Columbia Icefield auf und überqueren die Grenze zum Banff National Park. Wir haben zwar noch ordentlich Zeit, aber auch noch 200 Kilometer statt der geplanten 70 km Strecke vor uns. Der Parker Ridge Trail, eine der schönsten Wanderstrecken am Parkway auf die ich mich besonders gefreut hatte, wird darum leider schweren Herzens vertagt. Dafür nehmen wir uns morgen noch den Großteil des Tages Zeit, auch die Südhälfte des Parkway in Ruhe zu erkunden.

Dieser Teil des Parkway ist mindestens genauso spektakulär wie die nördliche Hälfte, wenn auch nicht ganz so zerklüftet und urwüchsig. Statt des Flusses kommen wir an vielen großen und kleinen Gletscherseen vorbei, die in tiefen Türkistönen leuchten. Wir halten bis Lake Louise nur kurz an ein paar Aussichtspunkten an. Ich schaue aber schon, wo sich morgen noch ein längerer Stopp lohnen könnte.

Am Südende geht der Icefields Parkway in den Trans-Canada-Highway über. Wir steuern auf dem jetzt vierspurigen und dicht befahrenen Highway nach Westen. Am Kicking Horse Pass überqueren wir wieder die Provinzgrenze nach British Columbia und zum Yoho National Park. Drei Parks an einem Tag also. Der vierte der zusammenhängenden Nationalparks in den Rocky Mountains, Kootenay, liegt leider ein wenig zu weit ab vom Schuss. Entlang des Kicking Horse River geht es durch tiefe Täler in Richtung des wunderschönen Sonnenuntergangs.

Kurz vor Golden verengt sich die Autobahn zu einer schmalen Gebirgsstraße und nach einigen abenteuerlichen Kurven ist das Ziel erreicht. Inzwischen ist es dunkel und mein Enthusiasmus, noch ein paar Runden im Pool zu drehen, ist auch verflogen. Stattdessen geht es heute früh ins Bett, um morgen möglichst viele der Highlights in Yoho und am südlichen Icefields Parkway zu erreichen.



Overlander Lodge zu den Athabasca Falls: 53 Meilen / 85 Kilometer
Athabasca Falls zum Columbia Icefield: 44 Meilen / 72 Kilometer
Columbia Icefield nach Golden, BC: 125,5 Meilen / 202 Kilometer

Michael

Hallo, ich bin Michael. Wenn ich nicht im Alltag mit Statistiken und Zahlen jongliere genieße ich es, die Welt zu erkunden.

Kommentare (1)

  • Angela 27. April 2018 um 13:47 Reply

    Nice!

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