Yellowstone I – Mammoth Hot Springs

Yellowstone I – Mammoth Hot Springs

Dieser Post ist Teil der Serie 4 Tage im Yellowstone National Park
Mehr Beiträge

Heute erreichen wir ihn endlich: Den Yellowstone National Park, das unbestrittene Highlight der US-Hälfte unserer Tour. Ich gebe schon zu, die Vorfreude ist spürbar 🙂

Der Tag startet aber erst einmal im Days Inn Helena beim Days Inn-typischen warmen Frühstück. Diesmal lernen wir wieder eine neue Variante: Eine Köchin bereitet das Frühstück direkt frisch und nach Wunsch der Gäste zu. Zur Auswahl gibt es Pancakes, Waffeln, Eier in allen denkbaren Varianten, Bacon und Würstchen. Dazu natürlich noch das klassische kontinentale Frühstück. Wir sind ziemlich begeistert von dieser Überraschung, auch weil sich der ganze Frühstücksraum dank des muttihaften Charmes der Köchin nach einem der typisch amerikanischen Diners anfühlt, die es leider nur noch im Film gibt – zumindest haben wir unterwegs bisher vergeblich nach ihnen gesucht.

Das Frühstück ist qualitativ das bisher beste in einem US-Hotel. Danach wird schnell noch die Lokalzeitung verschlungen, die der Vorgänger auf dem Tisch hat liegen lassen und ab ins Auto.

Quer durch Montana

Die Strecke quer durch Montana ist heute nicht ganz so spektakulär wie gestern, da wir den Großteil der Prärie schon hinter uns gelassen haben. Die knapp 300 Kilometer bis zum Yellowstone sind auch keine besonders lange Etappe und führen zum Großteil über große Highways und die Interstate.

Yellowstone Mammoth
Nachhilfestunde in Geografie: Die erste Hälfte der Strecke fahren wir entlang des Missouri River, den ich hier nicht vermutet hätte

Wir verlassen Helena auf der US 12, die uns nach Osten zum Canyon Ferry-Stausee bringt. Der Fluss, der hier gestaut wird ist der Missouri River, den ich soweit im Norden eigentlich nicht erwartet hätte. Aber man lernt geografisch nie aus 🙂 Hinter der Kleinstadt Townsend geht es dann Richtung Süden auf der US 287 durch ein Tal mit vielen großen, verstreut liegenden Rinderfarmen zwischen runden, grasbewachsenen Hügeln. Auffällig ist hier, dass an fast jeder Zufahrt ein großes TRUMP – Make America Great Again! -Banner hängt. Gut, wir sind in einem der abgelegensten Teile der Vereinigten Staaten und wo, wenn nicht hier?

In Three Forks erreichen wir die I 90 und fahren über Bozeman, die viertgrößte Stadt Montanas (hauptsächlich bekannt durch The Big Bang Theory und Sheldon Coopers misslungenen Auswanderungsversuch) und Livingston in Richtung Yellowstone. Das letzte Stück des Weges führt uns durch das Tal des Yellowstone River, das hier schon einen guten Vorgeschmack auf den Nationalpark bietet. Sogar die Montana-typischen Schäfchenwolken stehen wieder am blauen Himmel. Direkt an der Staatsgrenze nach Wyoming und am Eingang zum Yellowstone stoppen wir mit wachsendem Hunger und leerem Tank in Gardiner.

Mittagspause in Gardiner

Gardiner wäre nur ein weiteres unbekanntes Dorf mit nicht einmal 1000 Einwohnern, wenn nicht 1872 per Gesetz in der Nachbarschaft der weltweit erste Nationalpark gegründet worden wäre. Seither ist der Ort das nördliche Tor zum Yellowstone National Park und lebt offensichtlich nicht schlecht vom Tourismus. Die Siedlung wird zweigeteilt vom Yellowstone River, der hier in einer beachtlichen Schlucht fließt und von einer Brücke überspannt wird.

Das momentan vorrangige Grundbedürfnis ist Nahrung. Da Verpflegung innerhalb der Nationalparks deutlich teurer ist als außerhalb (und oft nicht gut) , wollen wir vorher noch einmal etwas warmes finden. Wirklich groß ist die Auswahl leider nicht, fast alle Restaurants und Buden sind auf Burger spezialisiert, meistens gibt es Bison. Anstatt lange weiterzusuchen entscheiden wir uns für The Corral, einen Imbisstand an der Hauptstraße und dreimal Bisonburger mit Pommes. Vielleicht sind meine Geschmacksnerven zu abgestumpft, aber einen echten Unterschied zwischen Bison und Rind bemerke ich nur beim Preis 😉 Das Essen ist ok, leider aber arg fettig, besonders die Pommes. Und 15 $ pro Nase sind nicht ohne.

Gardiner
Der Roosevelt Arch ist das nördliche Tor zum Yellowstone

Auf der anderen Flussseite wird noch einmal aufgetankt, weil auch die Benzinpreise im Nationalpark deutlich anziehen. Direkt hinter der letzten Straße liegt schon die Grenze des Parks mit einem der berühmten Eingangsschilder, vor denen jedesmal eine Traube von Menschen versucht, das perfekte Foto zu schießen. Das Wahrzeichen von Gardiner ist aber der Roosevelt Arch, ein steinerner Bogen aus dem Jahr 1903, dessen Durchfahrt den Eingang nach Yellowstone markiert.

Welcome to Yellowstone National Park

Hinter dem Bogen heißt es aber erst einmal warten: Anders als die kanadische Nationalparkbehörde verschickt der National Park Service die Jahrespässe für seine Parks nur gegen eine saftige Gebühr ins Ausland. An sich ist das aber kein Problem, die Pässe sind auch an jedem Parkeingang oder Besucherzentrum erhältlich. Für 80 $ bekommen wir unseren America the Beautiful Pass, der ab dem Monat des Kaufs ein Jahr lang gültig bleibt und Eintritt für die Insassen eines Fahrzeugs in alle US-Nationalparks und einige andere Schutzgebiete umfasst. Für uns lohnt sich der Pass schon beim Besuch von drei Parks (Yellowstone, Grand Teton, der südlich anschließt, außerdem kommen wir später noch am Craters of the Moon National Monument in Idaho und am Mount Rainier in Washington vorbei).

Gardiner
Das obligatorische Foto vom Eingangsschild

Im Yellowstone National Park haben wir uns gleich für drei Nächte eingebucht. Das ist auch das Minimum, um ohne zu hetzten die schönsten Ecken des Parks sehen zu können: Mit gut 8000 Quadratkilometern Fläche ist der Park mehr als halb so groß wie Schleswig-Holstein. Das riesige Gebiet wird von zwei großen Ringstraßen erschlossen: Der Northern Loop verbindet Mammoth Hot Springs über Tower Junction, Canyon Village und Norris, der Südring Norris, die Geysire und heißen Quellen um Old Faithful, Lake Yellowstone und das Hayden Valley mit Canyon Village.

Je nachdem wo man eine Unterkunft findet und wo man hin möchte kann die Fahrt zu einer der Sehenswürdigkeiten also gut und gerne anderthalb Stunden dauern. Dazu kommen immer wieder Staus wegen Bisons, die es lieben, auf der Straße zu laufen oder Besuchern, die den Verkehr lahmlegen, sobald sie ein Tier sichten. Auch das Fahren bei Nacht empfiehlt sich wegen der Gefahr von Wildunfällen nicht wirklich, man hat also an jedem Tag nur ein beschränktes Zeitfenster zur Verfügung. Wer einen entspannten Aufenthalt möchte, der sollte also reichlich Zeit einplanen und sich auch darauf einstellen, dass im Yellowstone der Weg das Ziel sein kann: Egal wo man gerade ist, irgendwo sieht man immer den Dampf einer heißen Quelle, eine Herde Bisons oder ein paar Dickhornschafe am Straßenrand.

Unterkünfte und Verpflegung im Park gibt es in großer Zahl in Mammoth Hot Springs im Norden, Canyon Village im Osten, Old Faithful im Südwesten und am Lake Yellowstone im Südosten. Dazu kommen noch eine große Zahl von Campingplätzen, die über den Park verteilt liegen. Die Hotels und Cabins im Park sind meistens schon kurz nach Saisonbeginn komplett ausgebucht: Wir haben schon Mitte Februar, also sieben Monate im Voraus gebucht und das allerletzte Zimmer im kompletten Park zu unseren Reisedaten erwischt. Das Mammoth Hot Springs Hotel wäre ansonsten eher nicht unsere Wahl gewesen, da es am nördlichsten Ende des Parks ziemlich ungünstig liegt. Wer nicht im Park selbst unterkommt oder wen eine längere Anfahrt nicht stört, der findet in West Yellowstone oder in den Orten östlich des Parks eine größere Auswahl an Unterkünften, die meistens günstiger ausfallen.

Hotel der alten Schule

Vom Parkeingang sind es nur noch 10 Kilometer bis nach Mammoth Hot Springs, dem ehemaligen Fort Yellowstone. In den Anfangsjahren des Parks musste das neue Schutzgebiet noch militärisch gegen Wilderer und Holzdiebe geschützt werden. Heute ist hier der Sitz der Parkverwaltung, weil der Ort als einziger im Park auch im Winter zugänglich ist.

Unser gleichnamiges Hotel stammt in Teilen noch aus dem Jahr 1912. Wie in vielen der historischen Hotels sind die Lobby und die Gemeinschaftsräume sehr vornehm und gediegen ausgestattet und versprühen immer noch einen Hauch vom Reisegefühl des frühen 20.Jahrhunderts. Im großen Vortragssaal des Mammoth Hot Springs kann man zum Beispiel eine wandgroße Landkarte der USA bewundern, die komplett als Mosaik aus verschiedenen Holzsorten zusammengefügt ist. Nebenan liegen in einem eigenen Gebäude der Dining Room, ein vollwertiges Restaurant und der Terrace Grill, ein Fast Food-Restaurant mit Frühstücksangebot für den kleineren Geldbeutel.

Der erste Blick ins Zimmer nach dem Check-in ist ein wenig ernüchternd: Wir haben eines der Zimmer im ältesten Flügel des Hotels bekommen, das kein eigenes Bad besitzt. Wir teilen uns also zwei Toiletten und eine Dusche mit dem gesamten voll ausgebuchten Stockwerk. Das wird morgens einiges an kluger Logistik erfordern… 😐 Ansonsten ist das Zimmer vollkommen in Ordnung, nur die dunklen Hotelflure erinnern ein wenig an den Film The Shining 🙂

Mammoth Hot Springs

Wir haben noch den kompletten Nachmittag zur Verfügung und steuern die große Sehenswürdigkeit von Mammoth Hot Springs an, nämlich die gleichnamigen heißen Quellen und die dazugehörenden Kalkterrassen und -ablagerungen.

Yellowstone Mammoth
Kalkterrassen in allen Formen

Die meisten geothermalen Aktivitäten im Park findet man im südlichen Teil um Old Faithful und den Lake Yellowstone. Die Quellen hier im Norden sind besonders, weil sie nicht als Geysire oder brodelnde Teiche in Erscheinung treten, sondern auf einer größeren Fläche entlang eines Hügels austreten. Das Wasser hier ist ungefähr 80°C heiß und stark kalkhaltig, deshalb haben sich entlang der Hügelflanke über die Jahrhunderte riesige Kalkterrassen gebildet, die immer noch weiter wachsen. Ein ähnliches Bild findet man sonst eigentlich nur in der Türkei in Pamukkale.

Über die verschiedenen Ebenen der Terrassen führen so viele Treppen und Stege aus Holz, dass man fast einen Plan bräuchte, um keine Ecke auszulassen 🙂 Alles schon ziemlich beeindruckend, vor allem die Vorher-Nachher-Fotos, die einem einen Eindruck geben, wie schnell die Kalkablagerungen wachsen. Immer wieder kommen wir an abgestorbenen Bäumen vorbei, die aus den Kalkformationen herausragen. Unter der prallen Sonne, die von der weißen Oberfläche reflektiert wird, ist der an sich leichte Aufstieg zur obersten Terrasse doch ziemlich schweißtreibend, der Ausblick belohnt aber dafür. Und man zur Tarnung ganz interessiert auf die Informationstafeln zur Entstehung der Quellen und den im warmen Wasser vorkommenden Bakterien und Algen schauen, während man langsam wieder zu Atem kommt 😀

Visitor Center und historische Abendaktivitäten

Nach den Kalkterrassen machen wir noch einen Ausflug ins kleine Visitor Center gegenüber vom Hotel in einer der ehemaligen Offiziersunterkünfte des Forts. Hier gibt es vor allem eine Ausstellung zur Tierwelt im nördlichen Teil des Parks. Auch ein ausgestopfter Hirsch mit riesigem Geweih ist hier ausgestellt, der erschossen werden musste, weil er mehrmals Gäste des Hotels angegriffen hatte. Ich frage bei den Rangern nach, ob es aktuell irgendwelche Straßensperrungen auf dem Weg nach Süden gibt, wir decken uns im Souvenirladen mit Postkarten ein, dann geht es zurück zum Hotel.

Auf der Wiese vor dem Hotel campiert eine komplette Herde Rotwild und liegt in aller Seelenruhe in der Abendsonne. Da die meisten Unfälle im Park durch Angriffe von Hirschen verursacht werden, wird man alle paar Meter gewarnt, mindestens 25 Meter Abstand zu Tieren zu halten. Dass dieser Abstand auch eingehalten wird stellt ein Rancher sicher, der alle Passanten freundlich bittet, die Straßenseite zu wechseln, um der Herde nicht zu nahe zu kommen. Als ein paar Hirsche auch die Seite wechseln, kapituliert er aber, anstatt die Straße komplett zu sperren. Ein undankbarer Job 😉

Yellowstone Mammoth
Bei dem Kollegen hier hält man gerne Abstand…

Der Sonnenuntergang beeindruckt heute mit scharlachroten Wolken über den Kalkterrassen. In dieser Richtung brennt laut den Rangern im Visitor Center ein großes Stück Wald und der Rauch sorgt für die intensiven Farben. Was macht man Abends an einem Ort, wo es weder Mobilfunkempfang noch Internet noch Fernsehen gibt? Man flaniert durch den Ort, spielt Karten in der Lobby, leiht sich ein Buch aus oder erkämpft sich einen der Schaukelstühle im Eingangsbereich des Hotels. Ich gehe noch zu einem wunderschön altmodischen Diavortrag mit Live-Pianomusik im gediegenen Map Room des Hotels. Abendgestaltung nach historischem Muster hat schon eine sehr entspannende Wirkung 🙂



Helena nach Mammoth Hot Springs, WY: 179 Meilen / 288 Kilometer

Michael

Hallo, ich bin Michael. Wenn ich nicht im Alltag mit Statistiken und Zahlen jongliere genieße ich es, die Welt zu erkunden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Entdecke mehr von travelMJN

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen