- Yellowstone I – Mammoth Hot Springs
- Yellowstone II – Old Faithful, Midway & Norris Geyser Basins
- Yellowstone III – Grand Canyon of the Yellowstone, Bisons & Waldbrände
- Yellowstone IV & Grand Teton National Park
Und das waren sie schon wieder, die drei Tage im Yellowstone. Aber wie so oft haben die großen und bekannten Ziele unbekanntere, aber nicht weniger faszinierende Nachbarn. So ist es auch hier: Direkt im Süden grenzt Yellowstone an einen weiteren National Park, den Grand Teton.
Wir haben die Zeit im Yellowstone gut genutzt und fast alle bekannten Punkte entlang der Grand Loop Road abgearbeitet, trotzdem habe ich den Eindruck, gerade erst an der Oberfläche dieses grandiosen Landstrichs gekratzt zu haben. Das erste Mal ist im Yellowstone eben nur das Kennenlernen und ein Anschlussbesuch ist Pflicht. Das nächste Mal stehen dann auch ein Abstecher ins Backcountry und Camping unter dem Sternenhimmel auf dem Programm.
Vor dem Aufbruch nach Süden füllen wir in Mammoth noch einmal den Tank, checken die neuesten Aushänge am Visitor Center und folgen nochmals der Loop Road Richtung Old Faithful. Es gibt gleich zwei Überraschungen: Der Wind hat gedreht und die gestern noch näher rückenden Waldbrände haben sich wieder zurückgezogen, jedenfalls sind alle Straßen und Parkeingänge offen. Außerdem ist für die kommende Nacht der erste Schnee des Winters angekündigt, gut also, dass wir wegkommen. Das Ganze soll ja immer noch ein Sommerurlaub sein 😉
Da wir die Strecke bis zum Old Faithful schon vorgestern gefahren sind, kommen wir schnell vorwärts, abgesehen von einer kurzen Unterbrechung: Ein Bison auf der eigenen Fahrspur kann schnell mal den Plan für den ganzen Tag über den Haufen werfen.
Nach der Abfahrt zum Old Faithful folgen noch gute 20 Meilen durch bewaldetes Gebiet, dann erreichen wir fast ohne Vorwarnung das westliche Ufer des Yellowstone Lake.
West Thumb Geyser Basin
Der West Thumb, das große Becken im westlichen Teil des Yellowstone Lake, ist das Resultat eines kleineren Ausbruchs des Yellowstone-Vulkans, also eine Caldera innerhalb der großen Caldera. Hier gibt es nochmal eine große Ansammlung von Geysiren und heißen Quellen, die sich sogar unter Wasser auf dem Grund des Sees fortsetzt. Im Winter, wenn der See zugefroren ist, kann man sie an Löchern im Eis erkennen. Das West Thumb Geyser Basin hat durch diese Lage direkt am Wasser ein paar sehenswerte neue Bilder und Eindrücke zu bieten.
Vom Parkplatz aus führt auch hier wieder ein Holzsteg als Rundweg zwischen den Teichen und Tümpeln entlang, immer mit schönem Panoramablick über den See. Vorherrschende Farbe in den heißen Quellen sind hier alle denkbaren Töne von Blau: Der tiefblaue, klare Abyss Pool ist so tief, dass Besucher früher Münzen hineinwarfen, um seine Tiefe abzuschätzen. Viele der kleineren Quellen leuchten türkis wie ein tropisches Meer und auch der See selbst wirkt eher wie die Südsee.
In der Nähe kann man Kanus leihen und die Umgebung auch von der Seeseite erkunden. Die bekannteste Quelle am West Thumb ist der Fishing Cone, der ein paar Meter vom Ufer entfernt im See liegt. Früher, als das Angeln hier noch erlaubt war, wurden die frisch gefangenen Fische gerne noch direkt am Angelhaken im heißen Wasser des Fishing Cone gekocht. Das Problem: Der Fishing Cone ist nicht nur eine heiße Quelle, sondern ein Geysir, der von Zeit zu Zeit dann doch auch mal ausbricht. Ungünstig, wenn man dann gerade daneben steht 😐
Kurz bevor wir die Runde um das Becken beenden, laufen wir noch in eine von einer Rangerin geführte Gruppe hinein und hören uns ein paar Informationen zur Entstehung der Gegend an, dann geht es kurz vor Mittag weiter zum Grand Teton.
Ab zum Grand Teton National Park
Vom West Thumb aus folgen wir der US 191 bis zum Südeingang des Parks. Dank unseres NPS-Jahrespasses und einer netten Rangerin dürfen wir an der Autoschlange vorbeifahren und sind im Grand Teton National Park.
Der unbekannte Nachbar des Yellowstone wurde 1929 zum Nationalpark erklärt, umfasste damals aber nur die zerfurchte Bergkette der Teton Range selbst. Über viele Jahre gab es heftigen Streit zwischen der US-Bundesregierung und den östlich der Berge ansässigen Farmer, bis im Jahr 1950 das Gebiet des Parks auf den Großteil der Ebene des Jackson Hole ausgedehnt wurde.
Im Gegensatz zur Vielfalt des Yellowstone lebt der Grand Teton ganz von der beeindruckenden Szenerie der Berge der Teton Range, die steil und ohne Vorwarnung bis zu 2000 Meter über der Talebene aufragen. In ihrem Schatten liegt eine Kette größerer und kleinerer Seen und das durch eiszeitliche Gletscher flachgehobelte, breite Tal des Jackson Hole mit dem Snake River. Ich gebe zu, dass ich bis zur Vorbereitung auf die Reise vom Grand Teton noch nichts gehört hatte, aber schon bei den ersten Bildern wusste ich: Da muss ich hin!
Schon kurz nach dem Parkeingang sehen wir wieder Spuren von Waldbränden. Viele Hügel sind schwarz und kahl, rechts von uns stehen sogar noch Rauchsäulen über dem Wald. Die Straße führt ein ganzes Stück am Jackson Lake entlang, dem größten der Seen des Parks. Heute ist es fast windstill, die große Wasserfläche liegt deshalb wie ein Spiegel vor der Bergkette und reflektiert den blauen Himmel und die kahlen, gezackten Gipfel. Die Idylle wird nur durch die Rauchwolke auf der anderen Seeseite gestört, wo ein weiteres Stück Wald in Flammen steht.
Gerade als wir für den Mittagsstopp in Colter Bay am Ufer des Jackson Lake ankommen, bekomme ich eine SMS über das US-Katastrophenwarnsystem mit der Nachricht, dass der Südeingang des Yellowstone und die US 191 nördlich des Jackson Lake wegen der Waldbrände gesperrt wurden. Also haben wir riesiges Glück gehabt, denn wären wir nur eine Stunde später aufgebrochen hätten wir gute 300 Kilometer Umweg über West Yellowstone fahren müssen und der Abstecher zum Grand Teton wäre ausgefallen.
Colter Bay Village am Ufer des Jackson Lake ist das touristische Zentrum des Grand Teton NP. Hier gibt es einen Bootshafen, Wassersportmöglichkeiten, ein kleines Visitor Center, das uns aber nicht gerade umhaut und den Großteil der Campingplätze des Parks. Wir brechen für eine kurze Tour auf dem Lakeshore Trail auf, der nach etwa eineinhalb Kilometern auf eine Halbinsel im See führt. Von hier aus können wir die Teton Range auf der anderen Seite des Sees in voller Pracht bewundern. Trotz des traumhaften Wetters ist auch hier nicht viel los, wahrscheinlich sind viele der Tagesbesucher aus dem Yellowstone zu spät aufgebrochen und kamen wegen der Straßensperrung nicht mehr durch. In Sachen Essen bietet Colter Bay nur wenig Auswahl, aber das Ranch House am Bootshafen bietet Mittags eine ordentliche Auswahl Abseits von Burgern und Fast Food zu vernünftigen Preisen und wir sind rundum zufrieden. Alternativ gäbe es auch noch den General Store, wo man sich mit Lebensmitteln und kleineren Snacks eindecken kann.
Teton Park Road, Jenny Lake & Moose
Weiter südlich gibt es zwei Optionen: Die US 191 führt auf direktem Weg östlich des Snake River Richtung Jackson. Auch hier gibt es einige Aussichtspunkte mit grandiosen Ausblicken auf die Tetons, aber wer Zeit hat sollte die längere Route über die Teton Park Road nehmen, die weiter westlich die kleinen Seen am Fuß der Berge streift und bei Moose zurück auf die Hauptroute trifft.
Ich bin heute in Stop-and-Go-Laune und wir halten an fast jeder Haltebucht. Am Anblick der Berge kann man sich nur schwer satt sehen. Einen längeren Stopp machen wir am malerischen String Lake, wo mehrere Paddelboarder das warme Wetter für eine Tour auf dem Wasser nutzen. Von hier starten auch mehrere Wanderwege zum Fuß der Berge, aber die String Lake- und Jenny Lake-Trails sind leider wegen der Feuergefahr gesperrt.
Der nächste See ist der bekannteste des Parks: Jenny Lake. Der liegt als fast perfektes Oval unterhalb des Grand Teton, des höchsten Gipfels der Bergkette. Jetzt am frühen Nachmittag liegt der See deshalb schon komplett im Schatten der Berge und trotz blauen Himmels werden die Bäume an unserem Ufer von heftigen Böen durchgepeitscht. Ungemütlich zwar, es schmälert aber nicht die Wirkung der umwerfenden Landschaft. In Jenny Lake wird in 2016 und 2017 übrigens eifrig gebaut, deshalb sind der Großteil der Parkplätze, einige Wanderwege und das Visitor Center nicht verfügbar. Viel Platz ist tatsächlich nicht und im Juli und August dürfte es hier schon früh am Tag sehr voll werden.
Weiter Richtung Süden warten noch einige Aussichtspunkte, besonders gefällt mir aber, dass der Grand Teton super auf alle Arten von Sport eingestellt ist: Neben der Park Road führt ein Multifunktionsweg für Radler, Skater und Läufer, der auch gut benutzt wird. Hätte man das gewusst und etwas Zeit eingeplant, hätte man hier mal wieder ein Fahrrad leihen können…
Endstation der Park Road ist die Siedlung Moose, wo auch die Parkverwaltung ihren Sitz hat. Hier wartet mit dem Craig Thomas Visitor Center endlich auch wieder ein würdiges Besucherzentrum, das meine hohen Erwartungen erfüllt: Das Gebäude erinnert von außen zwar an einen japanischen Tempel mit Zen-Garten, innen wartet aber eine anschauliche Ausstellung zu Geschichte, Flora und Fauna des Nationalparks. Ich fahre ungern ohne das Gefühl weiter, zumindest eine Grundidee von der Gegend mitbekommen zu haben. Passenderweise startet im Auditorium dann noch ein Doku-Film zum Überleben im Jackson Hole im Winter, den wir natürlich nicht auslassen.
Die berühmteste Scheune der USA – Mormon Row
Aber es fehlt immer noch der eigentliche Star des Grand Teton NP: Eine Scheune. Sie steht abseits der Hauptstraßen an einer Stelle, an der sich Ende des 19. Jahrhunderts mehrere mormonische Familien aus Utah ansiedelten. Sie nannten ihre Siedlung Grovont, heute sind die inzwischen verlassenen Farmen als Mormon Row bekannt. Das spektakuläre Bild der Scheunen und Farmhäuser auf der kargen Ebene mit den gezackten Gipfeln der Teton Range im Hintergrund ist schlicht und einfach umwerfend und hat die Scheune der Moulton-Familie zur meistfotografiertesten Scheune der USA avancieren lassen.
Als unbedarfte Besucher denkt man natürlich, dass die Verwaltung eines Nationalparks ein natürliches Interesse haben müsste, ihren Besuchern das Finden der Hauptsehenswürdigkeiten möglichst leicht zu machen. Leider nicht: Ich weiß zwar, dass die Mormon Row ein Stück nördlich von Moose liegt und wir ein Stück weit der Antelope Flats Road folgen müssen, aber die Abzweigung zu ebendieser Straße auszuschildern ist offensichtlich zu viel verlangt. Aber wozu hat man ein Smartphone mit Navigationsfunktion? Das denke ich zumindest, bis wir eine halbe Stunde später mitten im nichts auf einer Schotterpiste stehen, das Handy mir sagt, dass wir am Ziel sind, aber in drei Meilen Umkreis weder eine Scheune noch ein anderes menschgemachtes Objekt zu sehen sind 😀
Ein wenig peinlich ist es schon, dass jeder diese Scheune schon einmal fotografiert hat und gerade wir sie nicht finden. Uns bleibt aber keine andere Wahl, als umzukehren und auf der Hauptstraße Jackson anzusteuern. Und plötzlich kommt der Wegweiser: Mormon Row links abbiegen. Wenn 90% der potentiellen Besucher aus Richtung Norden kommen stellt man in den USA eben nur in dieser Richtung einen Wegweiser auf und verzichtet lieber auf die 10 %, die aus der anderen Richtung kommen. Auf jeden Fall sind wir eine Meile später glücklich am Ziel.
Auf der ehemaligen Farm der Moultons stehen heute noch das rosafarbene Farmhaus, die zwei berühmten Scheunen und mehrere kleine Schuppen. Besichtigen kann man das Innere der Häuser und Scheunen leider nicht. Am Parkplatz stehen aber einige Informationstafeln, die über das beschwerliche Leben der mormonischen Familien hier im Jackson Hole aufklären. Zum Beispiel mussten sie bis in die 30er Jahre hinein auf fließend Wasser und Elektrizität warten.
Eigentlich hatte ich hier Massen von anderen Besuchern erwartet, bin aber beruhigt, dass nicht nur wir Schwierigkeiten hatten, hierher zu finden. Wir sind quasi alleine. Auch wenn es ein wenig diesig ist und die Berge in der Ferne nicht so klar zu erkennen sind, wie man sich das für das perfekte Bild wünscht, ist die Szenerie einfach perfekt. Wir erkunden die Umgebung, bannen jeden Zaun und Schuppen auf die Speicherkarte und brechen dann voller Genugtuung in Richtung Jackson auf.
Über Jackson und die Teton Range nach Victor
Die einzige nennenswerte Siedlung in der Nähe des Grand Teton ist das knapp 10000 Einwohner zählende Jackson 30 Kilometer südlich von Moose. Auf dem Weg dorthin kommen wir am National Elk Refuge vorbei, wo auf einer vom US Fish and Wildlife Servive verwalteten Fläche jedes Jahr um die 7500 Hirsche und Wapitis überwintern, die vor dem härteren Klima des Yellowstone nach Süden wandern. Jackson selbst ist ein eher nobler Ferienort, der im Sommer und Winter gleichermaßen beliebt ist. Auch einige Promis wie Harrison Ford oder der ehemalige US-Vizepräsident Dick Cheney (schon komisch, dass wir hier gerade am 11. September vorbeikommen) besitzen hier in der Umgebung ein Anwesen. Die Stadt selbst macht sehr auf wilden Westen, was etwas künstlich wirkt. Aber am Town Square im Zentrum sehen wir vier Torbögen, die komplett aus abgestoßenen Hirschgeweihen zusammengesetzt sind – das ist dann doch wieder innovativ. In Jackson legen wir einen Stopp fürs Abendessen bei Wendy’s ein, ungesund, aber gut 🙂
Eigentlich war der Grand Teton eines unserer Ziele für eine Nacht unter den Sternen im Zelt. Nachdem auf dieser Reise aber bisher alle anderen Campingpläne ins Wasser gefallen sind haben wir schlicht keine Lust, für eine einzelne Nacht das Zelt einzusauen und haben uns gestern nach einem Motel in der Nähe des Grand Teton umgeschaut. Die Unterkünfte in Jackson sind völlig unbezahlbar, aber auf der anderen Seite der Teton Range in Idaho gibt es reichlich Auswahl. Die Wahl fällt auf das Teton Valley Motel in Victor, gut 35 Kilometer westlich von Jackson.
Die Strecke über den 2500 Meter hohen Teton Pass ist ziemlich malerisch und der perfekte Tagesausklang. Mit ihren Kurven macht sie besonders für den Spaß, der am Steuer sitzt (also mich), der fahrerisch endlich mal wieder gefordert wird 🙂 In Victor geht es recht ruhig zu, das Städtchen bietet das typische Layout ländlicher Gemeinden mit einer geraden Main Street, an der sich Läden, die Post und ein paar Restaurants und Hotels aufreihen, ein paar kleine Nebenstraßen und ansonsten weit verstreute, einzelne Farmen und Ranches. Unser Motel ist ziemlich neu und von der Bauart bisher das solideste, das wir hatten. Die Zimmer sind groß, ein wenig rustikal eingerichtet, aber sehr gemütlich, besonders die wie üblich riesigen Betten.
Viel passiert heute auch nicht mehr: Wir schreiben die letzten Postkarten, ich suche die Route für die nächsten Tage heraus und wir geben uns noch eine halbe Stunde komplett unverdauliche Wahlkampf-Berichterstattung auf FOX News. Ab morgen geht es dann in großen Schritten zurück Richtung Seattle.
Mammoth Hot Springs zum West Thumb: | 52,8 Meilen / 85 Kilometer |
West Thumb nach Colter Bay: | 76,4 Meilen / 123 Kilometer |
Teton Park Road über Jenny Lake nach Moose: | 28,6 Meilen / 46 Kilometer |
Moose zum Mormon Row Historic District: | 3 Meilen / 5 Kilometer |
Mormon Row über Jackson nach Victor: | 39,8 Meilen / 64 Kilometer |