Heute kehren wir der Küste endgültig den Rücken und brechen in Richtung Sequoia National Park auf, wo wir die nächsten beiden Tage verbringen wollen. Auf den dortigen Campingplätzen gilt wieder First Come First Served, deswegen wollen wir früh aufbrechen, um uns einen guten Platz zu sichern. Aufgrund einiger Verzögerungen sind wir aber erst kurz vor 10 Uhr auf der Straße.
Durch das Central Valley
Unser Weg führt uns quer durch das Central Valley, das kalifornische Kernland, das eines der größten Obstanbaugebiete der Welt ist. Ich bin einigermaßen erschüttert, dass hier statt viel Grün nur eine mehr oder weniger ausgedörrte Landschaft zu sehen ist, die eindeutig von der schon mehrere Jahre andauernden Dürre zeugt. Der Staat Kalifornien hat in letzter Zeit deshalb drastische Wassersparmaßnahmen verordnet, die zum Beispiel die zulässige Bewässerungsmenge für landwirtschaftliche Betriebe stark einschränken. Den Unmut der von Bewässerungsmaßnahmen abhängigen Landwirte können wir an vielen Protestplakaten entlang der Straße ablesen. Aber auch schon in San Francisco wurden wir in unserer Unterkunft darauf hingewiesen, maximal drei Minuten zu duschen und diverse Campingplätze des National Park Service wurden sogar komplett geschlossen.
Wir bekommen aber einen ersten Eindruck von den riesigen Entfernungen in den USA und der Weite des Landes. Nach gut drei Stunden fahren wir aber durch grüne Orangenplantagen und am Horizont türmt sich die Kette der Sierra Nevada auf. trotzdem wirkt es hier eher mediterran und wir können uns auch noch kurz vor dem Eingang zum Nationalpark noch nicht vorstellen, wo sich hier der versprochene dichte Wald mit den weltweit größten Bäumen befinden soll.
Angekommen im Sequoia NP
Generell zum Thema National Parks: Diese werden vom National Park Service betreut, einer Bundesbehörde, in deren Zuständigkeit auch die National Monuments fallen. In fast allen Fällen wird eintritt erhoben, je nach Bedeutung und Bekanntheit des Parks zwischen 10 und 22 $. Sobald man fünf oder mehr National Parks ansteuert, ist es in jedem Fall sinnvoll, sich Gedanken über einen Jahrespass zu machen: Der America The Beautiful-Pass gilt für die Insassen eines Fahrzeugs oder Gruppen von bis zu vier Erwachsenen und kostet 80 $. Den haben wir dank Nicos Chef, der kurz vor uns in den USA unterwegs war, bereits in der Tasche, praktischerweise kann man zwei Eigentümer eintragen 🙂 Auch die National Forests, National Recreation Areas und andere Kategorien von bundeseigenen Schutzgebieten sind unter denselben Konditionen zugänglich, nicht aber die State Parks und Schutzgebiete in Verantwortung der Bundesstaaten, für die man vor Ort Eintritt zahlen muss.
Hinter dem Parkeingang legen wir am Foothills Visitor Center einen Stopp ein. Hier wird besonders über die Tierwelt in den niedrigeren Höhenlagen des Parks informiert, die neben Taranteln und Klapperschlangen eine Menge Unangenehmes umfasst. In den höheren Regionen, wo unser Ziel liegt, kommen diese Tiere aber nicht vor. Anschließend schraubt sich die Straße über 20 Meilen in Serpentinen und Spitzkehren auf eine Höhe von knapp 2000 Metern empor und hier oben beginnt auch endlich der Wald.
Die Vegetation hier oben ist wegen der vom Pazifik hereintreibenden Wolken, die vor der Barriere der Sierra Nevada ihre Regenlast abladen, sehr üppig. Zwischen normalen Laub und Nadelbäumen sehen wir schon vereinzelt die ersten Sequoias, die mit ihrer Rotbraunen Rinde extrem auffallen.
Campingplatzsuche
Unser Wunsch-Campground in Lodgepole Village, dem Zentrum des Parks, ist kurz vor 14 Uhr leider schon voll, wir finden aber problemlos einen Platz im 10 Meilen weiter im dichten Wald gelegenen Dorst Creek Campground, müssen hier aber leider auf die Annehmlichkeiten von Duschen verzichten. Wir schlagen unser Lager auf, stillen den Hunger mit ein paar selbstgefüllten Tortilla-Wraps und machen uns mit einer lokalen Besonderheit vertraut: Die Höhenlagen des Sequoia NP sind Bärengebiet, deshalb ist jeder Camping-Stellplatz mit einem Bären-Schrank aus Metall ausgestattet, in dem alle Vorräte, Nahrungsmittel und Kosmetikartikel verstaut werden müssen.
Die lokalen Braunbären steigen nämlich auch problemlos in Autos ein, wenn Sie dort Nahrungsmittel wittern können, von Zelten gar nicht zu reden. Später erfahren wir im Visitor Center, dass Bären, die einmal an von Menschen bewohnten Orten Beute machen konnten immer wieder kommen, die Fähigkeit zum Jagen verlieren, aggressiver werden und deshalb zum allgemeinen Schutz von den Rangern erschossen werden müssen. Das rechtfertigt die hier an jeder Wand angebrachten Warnungen zum Umgang mit Bären. Beim Zeltaufbau bekommen wir Besuch von drei Rehen, die sich für sehr unser Zelt interessieren und sich uns ohne Scheu bis auf wenige Meter nähern.
Der größte Baum des Planeten
Anders als die meisten National Parks, die komplett auf das Auto als Fortbewegungsmittel setzen, ist der Sequoia NP perfekt mit kostenlosen Shuttlebussen erschlossen. Wir fahren die kurze Strecke nach Lodgepole zurück und nehmen von dort einen der Busse zum General Sherman Tree Trail. Mit 83 Metern Höhe ist er zwar nicht der höchste, vom Volumen her aber der größte Baum der Erde. In seiner Umgebung stehen noch mehrere dieser faszinierenden Riesenbäume, vor deren Dimension sich auch die Massen von Menschen, die hier unterwegs sind, fast verlieren.
Wir sind körperlich heute noch nicht ausgelastet und nehmen den knapp drei Meilen langen Congress Trail in Angriff. Erste Erkenntnis: Die meisten US-Nationalparks sind extrem überlaufen. Wenn man sich aber nur 50 Meter von den Menschenmassen um die Hauptsehenswürdigkeiten entfernt ist man so gut wie allein 🙂 Auch auf unserem Weg treffen wir in der nächsten Stunde weniger als 10 andere Wanderer. Auch hier finden sich viele kleinere Sequoias, manche davon von regelmäßigen Waldbränden verkohlt und angegriffen, aber immer noch am lebendig, da ihre Rinde nur schwer entflammbar ist. Wir erfahren, dass die Feuer für die natürliche Entwicklung des Waldes und die Keimung nötig sind und deshalb nur im Ausnahmefall eingedämmt werden.
Der Congress Trail führt uns auch am „President“, dem zweitgrößten Sequoia und an zwei Baumgruppen vorbei, die sinnigerweise als „The Senate“ und „The House“ betitelt werden. Damit sind alle Bestandteile des Legislativprozesses abgearbeitet und wir fahren zurück nach Lodgepole.
Feierabend
Hier gibt es neben einem Laden für Souvenirs und Campingbedarf auch Duschen und eine Cafeteria, wo wir uns unsere heutige warme Mahlzeit gönnen wollen. Die Auswahl ist leider auf Pizza (zwei Sorten) und Burger beschränkt, unsere Käsepizza (versehentlich mit 16″ statt 12″ Durchmesser bestellt) endet in Überforderung unserer Mägen und überzeugt auch geschmacklich nicht. Wir fahren zum Campground zurück, wobei ich unterwegs noch aus der Ferne unseren ersten Bären erspähen kann, der mitten auf einer Lichtung neben der Straße sitzt.
Wir lassen den Abend beim Kartenspielen ausklingen. Da es in dieser Höhe (Dorst Creek liegt 2073 Meter über dem Meeresspiegel) empfindlich kalt und im Wald auch früh dunkel wird begeben wir uns in die Schlafsäcke, sobald wir Farben und Zahlen nur noch erraten können. Für den nächsten Tag müssen unbedingt Kerzen oder Feuerholz her. Nico sorgt noch für einen Aufreger, als er im Zelt anfängt Gummibären zu naschen. Wir rufen ihm mehr oder weniger freundlich die Existenz von Meister Petz und dem Bärenschrank in Erinnerung und schlummern dann sicher vor nächtlichen Angriffen ein.
Morro Bay zum Sequoia NP: | 199 Meilen / 321 Kilometer |
Tankfüllung: | 28,58 $ |
Abendessen: | 22,00 $ |
Campground: | 22,00 $ |