Überfahrt nach Harris

Überfahrt nach Harris

Dieser Post ist Teil der Serie Isle of Harris & Lewis
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Nach vier Tagen steht nun auch schon der Abschied von der Insel Skye an. Die Beschreibung, dass man hier Schottland im Miniaturformat findet, trifft absolut ins Schwarze. Jede unserer Stationen hat uns ein neues, eigenes Bild geliefert. Nicht besuchen konnten wir leider den Nordwesten der Insel um Dunvegan, wo mich speziell die Westspitze der Insel am Ness Point interessiert hätte. Auch den äußersten Süden auf der Halbinsel Sleat haben wir ausgespart. Es gibt also reichlich Gründe, nochmal zurückzukommen.

Heute ist Sonntag und es steht die Überfahrt zu den Äußeren Hebriden an. Unser Bus zum Fährhafen Uig geht meiner Meinung nach um 9 Uhr, wir haben also noch Zeit, uns am Frühstücksbuffet zu bedienen. Das ist nicht üppig, bietet aber Toast, Marmelade und Cornflakes und vor allem: Kaffee. Den haben wir alle nötig, da wie zu erwarten kaum an Schlaf zu denken war. Im 15-Personen-Schlafsaal war die ganze Nacht lang ein Kommen und Gehen inklusive an- und wieder ausgeschaltetem Licht.

Die große Überfahrt

Als wir 8:45 Uhr in Richtung Dorfplatz gehen kommt uns ein Bus entgegen, was mich minimal beunruhigt. Ich bin mir sehr sicher, dass wegen des Sonntags heute nur ein Bus fährt, nämlich unserer. Ein Blick auf die Karte bestätigt: Es war unser Bus. Abfahrt war nämlich schon 8:30 Uhr :/

Mich ärgert die Panne selbst am meisten, da ich in den letzten Tagen den Fahrplan immer bei mir getragen habe und mich nur heute auf mein Gefühl verlassen habe. Egal. Nach einem kurzen Ausflug zum Becker und einem Check aller aushängenden Fahrpläne ist klar, dass wir nur per Taxi rechtzeitig nach Uig kommen. Kurz darauf kommt auch eines auf den Platz gefahren, dass groß genug für uns und unser Gepäck aussieht. Der Fahrpreis von 27 Pfund für die gut 25 Kilometer klingt fair und wir steigen ein.

Auch so bleiben uns bis zum Start der Fähre noch über zwei Stunden, Uig bietet außer seiner schönen Lage in einer halbkreisförmigen Bucht aber kaum etwas zu sehen. Deshalb verbringen wir die Zeit wieder einmal in der Sonne liegend und zufrieden, das Unheil abgewendet zu haben.

Die Fähren zwischen dem schottischen Festland und den Inseln der inneren Hebriden werden übrigens alle von Caledonian MacBrayne, kurz CalMac, betrieben. Die Fahrpreise für Passagiere ohne Fahrzeug sind günstig, dafür sind die Preise, um ein Fahrzeug mitzunehmen wirklich gesalzen, außerdem sollte man in den Sommermonaten früh einen Platz reservieren. Meistens dürfte es sich lohnen, sich erst auf den Inseln einen Mietwagen zu leihen. Als Fußpassagier kann man Tickets nicht online kaufen und sollte noch etwas Zeit für den Ticketschalter am Fährterminal einplanen.

Als die Fähre dann kommt gehen wir als erste an Bord, ich will mir das Spektakel ansehen, wenn Fahrzeuge, Wohnmobile und Lastwagen aufs Schiff rollen und vertäut werden. Während der gut eineinhalb Stunden Überfahrt stellen wir noch fest, dass die Bordverpflegung (Ofenkartoffeln mit diversen Toppings oder Salate) ihr Geld mehr als Wert ist. Außerdem bieten die Aussichtsdecks schöne Blicke auf das hinter uns verschwindende Skye, während vor uns die Insel Harris aus dem Dunst auftaucht. Die Einfahrt in den Hafen von Tarbert ist spektakulär: Die felsige, mit kleinen Schären gesprenkelte Bucht wird wie ein Trichter immer schmaler, bevor die Fähre am Ende die komplette Breite einnimmt und das Fährterminal einnimmt. 500 Meter vor uns stößt eine weitere Bucht vom Atlantik im Westen her vor, deshalb auch der Name des Ortes, der eine Siedlung an einem Ort bezeichnet, wo man Boote über Land trägt.

Angekommen auf Harris

Die meisten unserer Mitpassagiere verstreuen sich schnell, wir warten am Terminal auf Roddy, unseren heutigen Gastgeber, der uns angeboten hat, uns von der Fähre abzuholen. Nachdem wir auch nach 20 Minuten noch nichts von ihm sehen und die Straßen mittlerweile menschenleer sind (die Bewohner der Hebriden befolgen den Sonntag immer noch sehr streng, deshalb fahren heute auch keinerlei Busse), versuchen wir, in anzurufen, kommen aber vorerst nicht durch. Nach einer knappen Stunde, in der wir mit ein paar Einheimischen ins Gespräch gekommen sind, ruft er aber zurück, entschuldigt sich tausendmal und verspricht, uns ein Taxi zu schicken. Sein Nachbar, mit dem er sich sein Auto teilt, hat es leider noch nicht zurückgebracht. So kommt es, dass wir an einem Tag gleich zweimal in ein Taxi steigen. Die gut 8 Kilometer ins Dorf Drinishader führen uns durch eine fast skurril aussehende Mondlandschaft aus runden Felsen, kleinen Tümpeln und dazwischenliegenden Mooren. Mit dem Fahrer haben wir eine gute Diskussion zum Thema Fußball und Politik, bevor er uns vor Roddys Toreinfahrt absetzt.

Drinishader
Karg, aber wunderschön: Auf Harris steht kaum ein Baum und die Landschaft ist mit Felsen übersäht

Unsere Unterkunft nennt sich N°5 Drinishader (was auch die Anschrift ist) und besteht aus einem kleinen Cottage mit Bunkhouse-Betten, außerdem vermietet Roddy, der aus Frankreich stammt, Kanus und bietet geführte Touren an. Wir haben das Zimmer im Erdgeschoss mit zwei Stockbetten und einem winzigen, aber perfekt ausgestattetem Bad. Die Lounge direkt nebenan ist eine Wucht: Hier im Wohnzimmer stehen vor dem Torfkamin zwei riesige und urgemütliche Ledersessel, auch das Bücherregal ist gut bestückt. Dazu kommt eine üppig ausgestattete Küche, die wir gleich für die erste selbstgekochte Mahlzeit seit Tagen einweihen. Wir hatten für heute eigentlich nur nach einer einfachen Unterkunft in der Nähe der Fähre gesucht, sowohl in Sachen Umgebung als auch Unterkunft haben wir aber einen Glückstreffer gelandet.

Die Mondlandschaft erkunden

Inzwischen ist es später Nachmittag, wir folgen Roddys Tipp und starten mit einem kühlen Feierabendbier in Richtung Loch Plocropol. Hier zweigt ein Wanderweg von der Straße ab, auf dem man zwischen Moor und Schafweiden die ausgefranste Küstenlinie des Sees umrunden kann. Der Rückweg führt über die Straße. Die nennt sich im Übrigen deswegen Golden Road, weil der finanzielle und arbeitstechnische Aufwand, sie durch den abgelegenen, felsigen und morastigen Landstrich zu schlagen, enorm war. Außer Schafen begegnen wir hier absolut niemandem, auch die Information, dass einige der frühen Mars-Filme hier gedreht wurden, wirkt immer glaubwürdiger.

Auf der Golden Road
der Name der Golden Road kommt von den gewaltigen Baukosten
Ein Cattle Grid…
…die Schafe hat es nicht beeindruckt
Isle of Harris
Isle of Harris
Isle of Harris
Die Landschaft auf Harris unterscheidet sich komplett von Skye und erinnert an eine Mondlandschaft. Hier gibt es keinerlei Bäume.
Isle of Harris
Isle of Harris
Isle of Harris
Loch Plocropol
Loch Plocropol
Loch Plocropol
Isle of Harris
Loch Plocropol

Auf dem letzten Stück der gut drei Meilen läuft uns ein kleines Lamm voraus, das offensichtlich Angst vor uns hat. So sehr wir uns auch auf die entgegengesetzte Straßenseite drängen, es läuft weiter vor uns davon und lässt uns nicht vorbei. Am Ende steht es verloren vor unserem Gartentor und blökt nach seiner verlorenen Herde 🙁

Den Abend lassen wir in der Lounge ausklingen und Christopher spendiert einen Schluck Whiskey, den er vor zwei Tagen bei Talisker gekauft hat. Trotz pannenbeladenem Start geht also ein weiterer Tag erfolgreich zu Ende.

Portree nach Uig: 26 Kilometer
Fähre von Uig nach Tarbert/Harris: 25 Kilometer
Tarbert nach Drinishader: 8 Kilometer
Michael

Hallo, ich bin Michael. Wenn ich nicht im Alltag mit Statistiken und Zahlen jongliere genieße ich es, die Welt zu erkunden.

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